Das kleine Wunder - oder eine neue Chance

Jetzt muß ich wieder einmal ein dunkles Kapitel aus meinem abenteuerlichen Leben erzählen. Aber auch das gehört zu meiner Geschichte. Gegen Ende November 2004 tat mir plötzlich der linke Vorderfuß weh.

Sabrina war zwar etwas besorgt, weil Bewegungsmangel ging ja bei mir immer Hand in Hand mit Koliken. Aber sie schraubte halt trotzdem mal wieder die Bewegung runter. Schließlich lahmt ja jedes Pferd früher oder später einmal. Sie hat 4 Tage gewartet und es wurde nicht besser. Also rief sie den Tierarzt und der schaute sich das an und machte dann eine Leistungsanästhesie (ja, so heißt das wohl!). Die blieb aber an diesem Tag ohne Ergebnis und langsam wurde Sabrina immer nervöser. Für den zweiten Teil der Leistungsanästhesie kam der Tierarzt dann 2 Tage später wieder. Auch der Teil blieb aber ohne Ergebnis. Er schlug Sabrina vor das Ganze nochmal zu wiederholen, falls er irgendwo beim Abspritzen den Nerv nicht genau getroffen hätte. Also machte sie einen dritten Termin aus. Aber in der Zwischenzeit tat mir der Fuß so weh, dass Sabrina sich entschlossen hatte mich direkt in die Klinik zu bringen. Also hat sie eine Fahrerin organisiert und in der Klinik angerufen und wir konnten am nächsten Tag gleich kommen. Freitags warteten wir dann auf unsere Fahrerin, die uns um 15h nach Baden-Baden in die Klinik fahren sollte. Es war gerade mal 12.30h als ich auch noch totales Bauchweh bekam.

Ich wurde in Hektik transportfähig gemacht und wir fuhren sofort los. In der Klinik kennen sie sich ja mit Koliken auch gut aus und ich war ja deswegen schon mal dort.

Dort angekommen lud mich Sabrina aus und erklärte kurz warum wir zu früh da waren. War aber alles kein Problem, die haben mich gleich untersucht und Sabrina hat ihnen gleich gesagt sie sollen bitte Buscopan spritzen. Die Tierärztin dort schaute etwas erstaunt und meinte: " Koliker, die zu uns kommen hängen wir eigentlich zuerst einmal an den Tropf." Aber Sabrina beharrte darauf. Eine Buscopanspritze hätte bisher meistens gereicht. Also bekam ich eine Spritze und dann kam ich in eine Intensivbox.

Sabrina wurde noch ein bisschen über meine Kolikgeschichte ausgequetscht und die Tierärztin meinte, dass sich die Geschichte mit den Koliken für sie doch stark nach Magengeschwüren anhören würde. Sabrina war ziemlich verwundert, dass Pferde das auch bekommen können und ließ sich das erklären. Es wurde ihr empfohlen eine Gastroskopie machen zu lassen, wenn ich sowieso bleiben müsste. Darüber dachte Sabrina dann nach während sie was essen ging.

Pünktlich zum Termin wegen meinem Bein waren die Mädels dann wieder da. Sabrina hat auch gleich ihr Einverständnis zu einer Gastroskopie gegeben.

Und dann musste ich vortraben, ich lief zwar nicht so deutlich lahm wie zuhause. Schließlich war ich ja aufgeregt. Aber man konnte trotzdem deutlich sehen. Die Tierärztin hat gemeint, sie würde empfehlen durchzuröntgen, da unser Haustierarzt nur im Bereich des Gleichbeins geröngt hatte. Aber das wollten sie am Samstag oder Sonntag machen, wie es die Notfälle am Wochenende eben zuließen.

Ich musste also bleiben. Ohne Sabrina, ganz allein in der Klinik. Und Sabrina gings ähnlich. Wir standen bei der Box beieinander und ich glaub am liebsten hätte sie in der Box mit mir übernachtet.

Die zwei Mädels sind dann doch irgendwann heimgefahren.

Am nächsten Tag sollte ich erst einmal gastroskopiert werden. Dafür musste ich nüchtern sein und ich bekam über Nacht einen Maulkorb auf.

Aber ha! Ich bin doch nicht doof. Schließlich haben diese Maulkörbe zwei Löcher vorne. Ich habe die halbe Nacht kräftig Luft eingezogen und die ganzen Späne, die ich zu fassen bekam, gefressen. Bei der Gastroskopie war dann wohl ein Großteil meiner Magenwand bedeckt mit Spänen, so dass sie gar nicht so viel sehen konnten. Aber es reichte wohl, um festzustellen, dass meine Bauchschmerzen wohl von Magengeschwüren kamen. Sabrina bekam das mitgeteilt. Sie war ehrlich gesagt, nicht besonders erstaunt. Im Gegenteil eher froh, dass sie jetzt endlich wusste woher die Koliken kamen, hat sie mir hinterher erzählt.

Die Röntgenbilder sahen leider nicht so gut aus. Man konnte nur undeutlich etwas am Knochen erkennen, also wurde empfohlen eine Szintigraphie machen zu lassen. Das hieß also noch bis Dienstag warten.

Am Sonntag kam Sabrina mich dann besuchen und wir gingen ein wenig grasen. Und dann fuhr sie wieder und ich musste bleiben. Tja, und wie sie mir dann erzählte bekam Sabrina Dienstagabend dann den Anruf von der Klinik, nachdem sie schon 3 x angerufen und nachgefragt hatte - ohne Ergebnis.

"Ich habe ein schlechte Nachricht für Sie" fing das Telefonat wohl an. Dann erzählte die Tierärztin, dass sie durch die Szintigraphie ein 5 cm großes Loch im freien Knochen über dem Karpalgelenk gefunden hatten. so etwas hatten sie auch in der Klinik bisher noch nie gesehen. Sie konnten nicht ausschließen, dass es eine Knochenzyste oder ein Osteosarkom sei. In letzterem Fall würde die Therapie allerdings nicht anschlagen.

Sabrina hat wohl schon am Telefon weinen müssen, hat die Tierärztin reden lassen und überhaupt nicht mehr darauf gehört was sie sagte. Dann hat sie aufgelegt, erst mal eine halbe Stunde richtig geweint und dann zurückgerufen und Schritt für Schritt mit der Tierärztin alles abgeklärt, was man machen konnte und welche Chancen es für mich gäbe. Sie haben sich dann gemeinsam für eine Therapie zum Knochenaufbau mit einem relativ neu auf dem Markt befindlichen Medikament entschieden.

Ich bekam also am Mittwoch diese Tildren-Infusion und dann holte mich Sabrina am Samstag wieder heim. Sie bekam einen genauen Bewegungsplan mit. Und dann hieß es abwarten, ob die Lahmheit verschwinden würde oder nicht. Wenigstens war ich wieder zuhause, auch wenn ich merkte, dass Sabrina in der Zeit ziemlich nervös war.

Ab und zu stand sie dann mit mir in der Box mit dem Kopf an meinem Hals. Da wusste ich, die hat mich echt lieb. Die ersten 14 Tage musste ich in der Paddockbox bleiben und durfte nicht raus. Nach 14 Tagen durfte sie anfangen mich 5 Minuten am Tag zu führen. Eine deutliche Besserung sollte man nach 8 Wochen sehen. Da hatten wir auch den Kontrolltermin in der Klinik gemacht.

Damit mir nicht so langweilig wurde in der Zwischenzeit, nahm mich Sabrina abends oft einfach mit an die Hallenbande und wir schauten bei den Springstunden zu. Das war außer den paar Minuten Spazieren laufen am Tag die einzige Abwechslung. Immerhin durfte ich nach 8 Wochen schon 30 Minuten laufen. Mit vielen guten Wünschen fuhren wir dann Ende Januar zu unserem Kontrolltermin nach Baden-Baden. Dort angekommen wurden wir vom Leiter der Klinik begrüßt, den ich ja schon kannte. Er führte auch gleich selber die Untersuchung durch. Sabrina zitterte und unsere Fahrerin drückte beide Daumen.

Ich wurde auf hartem Boden vorgetrabt und auf weichem und dann musste Sabrina mich noch vorlongieren. Logisch, dass ich da erst einmal buckeln musste. Wie lange hatte ich das schon nicht mehr gemacht!

Nach einer langen halben Stunde lautete die Diagnose: LAHMFREI!

Sabrina kamen die Tränen und wir standen eng aneinander gekuschelt erst einmal 10 Minuten lang in der Longierhalle der Klinik und hatten alle anderen, die mit dabeistanden völlig vergessen. Sabrina besprach dann noch das weitere Vorgehen, dass da hieß langsam das Laufen auf eine Stunde steigern und bis April/Mai halten und Anfang Mai ganz langsam mit dem Reiten wieder beginnen. Wieder daheim wurden wir alle zwei Meter gefragt, wies denn gelaufen wäre und mussten erzählen. In der Zeit von Februar bis Mai bescherte ich Sabrina noch viele lustige Stunden, weil ich wurde langsam auch nervös und wollte mich bewegen. Trotz Vetranquil sprang ich oft ziemlich unwirsch in der Halle rum, was die meisten Leute veranlasste die Halle zu räumen, wenn wir zum Führen reinkamen. Irgendwann war es dann Ende April soweit und Sabrina sollte vorsichtig das Reiten wieder beginnen. Aber dazu erzähle ich das nächste Mal mehr.

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